Hier im schönen Brandenburger Land sind die Menschen anders, als in anderen Landstrichen unseres schönen Deutschlands. Die Menschen sind sehr wortkarg. Sie sind keine großen Redner. Manchmal bin ich mir nicht ganz sicher, ob das Bilden von Wörtern oder ganzen Sätzen vielleicht körperlich schmerzhaft ist oder ob sie ganz einfach nichts zu sagen haben.
Neulich saß ich beim Arzt im Wartezimmer. Das war gut gefüllt, wie immer eigentlich.
Zwei, drei Plätze waren noch frei. Zugegeben, das waren die ganz hinten in den Ecken. Da musste man sich mit “Entschuldigung, Entschuldigung” durchdrängeln.
Dann kam eine ältere, griesgrämig schauende Frau in den Warteraum, sah sich um und zeigte mit dem Finger auf eine junge Frau, mir direkt gegenüber. “Da sitze ich immer”, zischte sie ziemlich schroff.
Die junge Frau schaute auf und wirkte etwas verstört. Stand dann aber auf und suchte sich einen anderen Platz. Die ältere Frau setzte sich sichtlich zufrieden auf den von ihr ergatterten nunmehr freien Stuhl.
Was ging nur in ihr vor?
Ich musste mir ein Grinsen verkneifen. Kommentiert hat das niemand.
Am nächsten Tag im Supermarkt. Ich stand vor dem Nudelregal. In den dem Moment kam auch eine, ich würde sagen sehr korpulente Frau angerauscht. “Weg da”!
Mit diesen knappen Worten schubste sie mich weg.
Spontan beschloss ich jetzt keine Nudeln mehr zu kaufen. Ich drehte mich um und stolperte über ihren Einkaufswagen, der mitten im Weg stand. Das machte schlechte Laune. Von der Frau kam keinerlei Reaktion.
Aber darum geht es eigentlich gar nicht. Es geht um den doch sehr verschwiegenen, maulfaulen Menschenschlag hier in Brandenburg.
Man trifft einen Bekannten auf dem Marktplatz und fragt ganz freundlich: “Lange nicht gesehen, wie geht es denn so”? Die Antwort kommt garantiert ganz knapp bemessen: “Gut”.
Ende der Unterhaltung.
Ich steh dann immer da, wie ein Kind, das ausgescholten wurde. Als hätte ich was falsch gemacht.
Ich beobachte ich die Menschen. Die gehen aneinander vorbei und der eine sagt: “Tag”, und der andere sagt “Tag”. Wow, damit scheint alles gesagt zu sein. Das Ganze gibt es natürlich auch in der “Hallo” Variante.
Dann geht meine Fantasie mir durch. Wie geht das dann bei einem Liebespaar?
Funktioniert das Liebesleben mit Gebärdensprache? Oder schreiben die sich kleine Zettelchen? Wie früher in der Schule?
Vielleicht ist das die neue Romantik. Ich weiß es auch nicht.
Auf den vielen, kleinen Festen kann es auch schon mal passieren, das man gefragt wird: “Bier”? Die Antwort “Ja” reicht dann völlig aus.
Das spart natürlich Zeit und Energie.
Nach dem dritten Bier kann es schonmal sein, das jemand redselig wird.
Das spielt sich dann so ab:
“Und, wie läuft es so”? “Gut”.
“Bei mir auch. Willste noch n’ Bier”?
Das war dann das sogenannte Schwätzchen.
Und, wenn man dann mal jemanden trifft, der mehr als drei Sätze hintereinander sagt, denkt man sich so im Stillen: “Na, der sabbelt ja viel, hat der nichts anderes zu tun”?
Vor ein paar Tagen, mein Süßer und ich wollten ausgehen, stand ich vor ihm und fragte: “Hase, wie sehe ich aus, kann ich so gehen”? Er schaute hoch und antwortete:
“Ja”.
Was will ich mehr.
Also das Beste an Brandenburg ist: Die gepflegte Unterhaltung.
Views: 966